Auch Kommunen sollen weniger Energie verbrauchen. Deshalb will Tornesch seine Straßenbeleuchtung nachts für etwa drei Stunden abschalten. Die eingesparten Kosten werden genutzt, um die Straßenbeleuchtung sparsam und „intelligent“ zu machen.
Bitte nicht lachen, aber das Wort gibt es wirklich. Erfunden hat es die Bundesregierung. Es heißt „Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung – EnSikuMaV“. Gemeint ist: Wir alle müssen Energie sparen, und zwar erst einmal für ein halbes Jahr, ab dem 1. September. Das regelt die „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen“, so der noch längere Name des Gesetzes. Das ist auch im Rathaus spürbar. Wer schnell friert, hüllt sich bei Ausschuss-Sitzungen seitdem in einen warmen Mantel, denn im Rathaus wird weniger geheizt.
Einen weiteren Vorschlag präsentiere die Verwaltung den Bauausschussmitgliedern Ende
Oktober – über die „Einsparung von Energie durch Abschaltung der städtischen Straßenbeleuchtung in der tiefen Nacht“. Der Vorschlag lautete, die Straßenleuchten für 3,5
Stunden – von 1:00 Uhr bis 4:30 Uhr nachts abzuschalten, dann wenn sowieso nahezu
niemand zu Fuß unterwegs ist. Die Unterführungen in der Ahrenloher Straße und der
Norderstraße sowie größere Kreuzungen sollen weiter beleuchtet werden. Über das Jahr
betrachtet, würde das ein Drittel des Stroms für die Straßenbeleuchtung einsparen. Das
entspricht gut 43.000 Euro an Kosten. Das Ergebnis war eine ausführliche Diskussion über
das Für und Wider.
Was spricht dafür, was dagegen?
Für das Abschalten spricht: Geld sparen, Energie sparen und möglicherweise mehr
Energiesicherheit im Winter. Zu viel Licht schädigt Insekten und damit die Artenvielfalt.
Sterne und Sternbilder lassen sich besser erkennen, weil es dunkel ist.
Andererseits: Dunkelheit ist unheimlich. Vor allem die Angst vor Einbrüchen wurde genannt,
obwohl statistisch gesehen die meisten Einbrüche tagsüber zwischen zehn und 20 Uhr
geschehen, wenn die Bewohner nicht zu Hause sind.
Allen Bauausschuss-Mitgliedern war bewusst: Einen Blumenpott gewinnen wir nicht, wenn
wir dem Vorschlag der Verwaltung folgen.
Das Ziel ist eine intelligente Beleuchtung
Politik braucht auch den Mut zu unbeliebten Entscheidungen. Die Energiekrise und die
Notwendigkeit, langfristig Energie einzusparen, erfordern Verhaltensänderungen. Zudem
gibt es heute Möglichkeiten, die Straßenbeleuchtung intelligent zu schalten – angepasst an
die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner und energiesparend zugleich. Abends an
und morgens aus, das war einmal. Aber eine solche Umrüstung kostet Geld. Warum also
nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? Der Bauausschuss einigte sich darauf, die
Straßenbeleuchtung zeitweilig auszuschalten und das eingesparte Geld in eine „smarte“
Straßenbeleuchtung zu investieren. Damit kann sie längerfristig digital mit funkgesteuerten
Zeitschaltuhren, entsprechend des Lichtbedarfs, an- und ausgeschaltet werden.
Freitag- und Samstagnacht bleibt das Licht an
Der erste Schritt auf diesem Weg ist das zeitweilige Abschalten. Von Sonntag bis Donnerstag
zwischen 1 Uhr und circa 3:45 Uhr wird die Beleuchtung ausgeschaltet. Freitag- und
Samstagnacht bleibt sie an, weil dann mehr Menschen spät nach Hause kommen. Auf den
ersten Zug nach Hamburg sollte möglichst Rücksicht genommen werden. Angeschaltet bleibt
die Beleuchtung im Bahnhofsumfeld, in der Alten Ahrenloher Straße, auf dem P+R-Platz
Hamburger Straße, im südlichen Abschnitt der Pommernstraße, in der Ahrenloher und der
Jürgen-Siemsen-Straße sowie den beiden Bahn-Unterführungen in der Ahrenloher- und der
Norderstraße. Das wurde mit großer Mehrheit (eine Enthaltung der FDP und eine
Gegenstimme aus der CDU) beschlossen. Parallel wird die Umrüstung auf eine digitale
„intelligente“ Steuerung in Angriff genommen.
Es wird anders
Sicher ist: Das wird ungewohnt sein. Sicher ist auch: Mancher, der eine helle Straßenlaterne
vor dem Schlafzimmerfenster hat, wird besser schlafen können. Ich freue mich darauf, in
klaren Nächten Sterne zu gucken. Das geht auch vom Balkon, vor der Haustür oder auf der
Terrasse … und schauen, dass ich vor 1 Uhr nachts zu Hause bin, wenn ich mit der Bahn
unterwegs bin.
SPD-Ratsfrau in Tornesch, Mitglied im Umwelt-, Bau- und Planungsausschuss, Journalistin und Buchautorin. 2019 erschien von ihr: Der Boden. Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel. Sie betreibt den Naturgarten-Blog https://meinekleinewieseblog.wordpress.com