„Mein Freund der Baum ist tot“ – wer erinnert sich noch an den Hit, mit dem Alexandra den „Freund aus Kindertagen“ 1968 besang? Der Song erhält in meiner Stadt eine bittere Aktualität. Im Juni beschloss der Umweltausschuss einstimmig eine Baumschutzsatzung. Endlich, freute ich mich, doch kurz nach dieser wegweisenden Entscheidung meldeten sich Kritiker lautstark und öffentlichkeitswirksam zu Wort. Es sind die gleichen, die schon vor Jahrzehnten eine Baumschutzsatzung im Ort verhindert haben. Ergebnis: FDP und CDU, die in der Sitzung des Umweltausschusses für die Satzung gestimmt hatten, fielen um, wie von einer Motorsäge gefällt.
„Wer wird mir nun die Ruhe geben, die ich in deinem Schatten fand“, heißt es in Alexandras Lied. In den heißen Wochen dieses Sommers waren Plätze im Schatten von Bäumen die einzigen, wo man es aushalten konnten, überlebten vor allem die Rasenflächen und Blumenbeete den Sonnenglast, die sich im Schatten von Bäumen befinden. Wer eine Südterrasse oder einen Südbalkon besitzt, war glücklich über einen großen Baum, der den Aufenthalt dort erträglich machte.
Die heißen Sommer häufen sich, und das wird so bleiben. Darunter leiden Mensch und Natur. In unseren Wäldern sterben mehr Bäume wegen Wassermangel als je zuvor: nicht nur Fichten, sondern auch Tannen, Buchen und Eichen. Auch Straßenbäume leiden unter Hitze und Trockenheit. Das ist eine Katastrophe für das Stadtklima, denn Bäume spenden nicht nur lebensnotwendigen Sauerstoff und speichern CO2, sie ernähren eine Vielzahl von Insekten und Gartenvögeln, sie verdunsten Feuchtigkeit und filtern Schadstoffe aus der Luft.
Die Gegner der Baumschutzsatzung wenden ein, sie sei ein Eingriff ins Eigentum. Sie sollten bedenken: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ So steht es im Grundgesetz, und das gilt auch für Gartenbesitzer. Aber ist der Eingriff ins Eigentum wirklich so gravierend, wie die Gegner der Satzung behaupten? Dazu ein paar Beispiele: Nadelbäume dürfen gefällt werden. Bäume, von denen Gefahren ausgehen, ebenfalls. Desgleichen solche, die krank sind oder wenn ein Baum einen anderen zu sehr bedrängt und bei Bauvorhaben, wenn „Bäume auch bei einer zumutbaren Veränderung oder Verschiebung des Baukörpers nicht erhalten werden können“. Auf den Seiten der FDP war zu lesen, die Baumschutzsatzung würde es verbieten, im Winter Salz zu streuen. Das gilt schon jetzt, außer bei extremen Wettersituationen (z.B. Eisregen). So steht es in der Tornescher Satzung über die Reinigung öffentlicher Straßen von 1993.
Der Umweltausschuss wird im September erneut über die Baumschutzsatzung diskutieren und hoffentlich die damit verbundenen Sorgen aus dem Weg räumen. Schließlich sind wir uns parteiübergreifend einig, dass wir unsere Bäume schützen wollen. Eine Baumschutzsatzung wird dabei helfen, davon ist die SPD in Tornesch überzeugt. „Du fielst zu früh ich kam zu spät“ – in diesen Refrain stimmen wir nicht mit ein.
SPD-Ratsfrau in Tornesch, Mitglied im Umwelt-, Bau- und Planungsausschuss, Journalistin und Buchautorin. 2019 erschien von ihr: Der Boden. Bedrohter Helfer gegen den Klimawandel. Sie betreibt den Naturgarten-Blog https://meinekleinewieseblog.wordpress.com