Ralf Stegner

Wir dürfen uns von Putin nicht in die Karten schauen lassen

Liebe Tornescherinnen, liebe Tornescher,

es sind bewegte Zeiten, in denen die neue Regierung mit Bundeskanzler Olaf Scholz ihre Arbeit aufgenommen hat. Putins schändlicher Überfall auf die Ukraine hat uns erschüttert. Die Welt, in der wir nun aufwachen, ist eine andere. Die westliche Gemeinschaft steht solidarisch an der Seite der Menschen in der Ukraine. Deutschland unterstützt die Ukraine nicht nur wirtschaftlich, sondern leistet humanitäre Hilfe für Geflüchtete. Mehr als 300.000 notleidende Menschen aus der Ukraine haben Deutschland bereits erreicht.

Klar ist: Die Hilfe wird vor Ort geleistet. Deshalb unterstützt die Bundesregierung Länder und Kommunen mit 2 Mrd. Euro – und das viel zügiger als 2015. Zudem ist es wichtig, dass den Menschen unkompliziert geholfen wird und diese sich ein eigenständiges Leben in Deutschland organisieren können. Deshalb können Geflüchtete aus der Ukraine ab Juni bei Bedarf Grundsicherung (Arbeitslosengeld II) beantragen, erhalten Unterstützung bei der Arbeitssuche und können unkompliziert eine Beschäftigung aufnehmen. Die Länder erhalten die nötige Unterstützung, damit ukrainische Kinder zu Schule gehen können.

Die westliche Gemeinschaft hat klar und entschlossen auf Putins Krieg reagiert, nachdem alle (dennoch richtigen) diplomatischen Bemühungen zu meinem Bedauern gescheitert sind. Die Import- und Exportbeschränkungen, das Öl-Embargo und die der Ausschluss aus dem Zahlungssystem SWIFT treffen Russlands Wirtschaft hart. Weitere gemeinsame Sanktionen des Westens können folgen. Dabei geht es nicht darum, diese mit selbstverliebter Öffentlichkeitsarbeit vorher anzukündigen.

Wir dürfen uns von Putin nicht in die Karten schauen lassen. Nicht nur deshalb ist es gut, mit Olaf Scholz einen Bundeskanzler zu haben, der überlegt handelt. Die SPD steht fest an der Seite der Ukraine, dennoch müssen wir einen Atomkrieg unter allen Umständen verhindern. Ein Einsatz der NATO in der Ukraine ist ausgeschlossen, denn dieser birgt die Gefahr eines Dritten Weltkriegs und gleichzeitig eines nuklearen Krieges. Aus diesem Grund kommt die NATO dem Wunsch der Ukraine, eine Flugverbotszone einzurichten, nicht nach. Denn das würde einen direkten Eingriff der NATO-Flugabwehr und von Kampfflugzeugen bedeuten.

Auch über die Lieferung von Waffen, insbesondere schwerer Waffen wie Panzer, sollte man keinesfalls leichtfertig entscheiden. Zwar mögen Deutschland und die NATO nach internationalem Recht keine Kriegspartei sein, wenn Waffen in ein Kriegsgebiet geliefert werden. Was im Lehrbuch steht, ist nicht unbedingt in der Wahrnehmung Putins entscheidend. Gerade weil der russische Präsident aufgrund ausbleibender militärsicher Erfolge unter Druck steht. Daher ist es richtig, dass die Bundesregierung in enger Abstimmung mit den internationalen Partnern handelt.

An der Seite der westlichen Partner hat sich die Bundesregierung bisher die Ukraine mit Panzerfäusten, Flugabwehrraketen, Maschinengewehren unter weiteren Waffen beliefert. Die Kapazitäten der Bundeswehr sind aber begrenzt. Sie muss die Bündnis- und Landesverteidigung sicherstellen. Zudem sind Waffenlieferungen besonders fraglich, wenn die Waffensysteme von den ukrainischen Streitkräften nutzbar sind: Deshalb präferiert die Bundesregierung bei der Lieferung von Panzern einen Ringtausch, bei dem östliche NATO-Partner in der Ukraine bekannte Waffensysteme liefern und Deutschland dafür wiederum für einen Ausgleich bei den östlichen Partnern sorgt. Auch andere Wege sind aber denkbar.

Dennoch darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass Waffenlieferungen kritisch sind und kein Ende des Kriegs herbeiführen. Verhandlungen und ein Waffenstillstand sind die einzige nachhaltige Lösung für den Konflikt. Das muss weiterhin unser Anspruch sein. Der Krieg wird zunehmend erbitterter geführt, das Leid der Bevölkerung nimmt zu, je länger der Krieg dauert. Russlands Truppen verüben schwere Kriegsverbrechen, wie nicht nur der Mord russischer Soldaten an unschuldige Zivilisten im ukrainischen Butscha erschreckend zeigt.

Wenn die Welt eine andere ist, müssen wir daraus die richtigen Konsequenzen ziehen. Derzeit ist Deutschland immens von russischen Gasimporten abhängig. Das muss sich dringend ändern. Wir brauchen eine größere Vielfalt beim Bezug von Gas, ein Flüssiggasterminal in Brunsbüttel und vor allem: einen schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien. Übrigens: Gerade in Schleswig-Holstein, dem Land zwischen den Meeren, stockt der Windkraftausbau unter dem CDU-Ministerpräsidenten Daniel Günther. Das liegt an dessen falschen Abstandsversprechen vor den letzten Landtagswahlen.

Zudem ist nun umso deutlicher: Wir brauchen eine angemessene Ausrüstung der Bundeswehr. Die bisherigen Defizite stehen außer Frage. Die CDU hat über Jahre das Verteidigungsressort geleitet. Durch jahrelanges Missmanagement, insbesondere im Beschaffungswesen, ist die Ausrüstung der Bundeswehr, von Fahrzeugen über Funkgeräten bis zu persönlichen Gegenständen, in einem desolaten Zustand. Jede Belehrung von christdemokratischer Seite läuft ins Leere. Bundeskanzler Scholz hat nun ein 100 Milliarden schweres Sondervermögen angekündigt, um die Bundeswehr zu modernisieren. Die Mittel müssen effizient eingesetzt werden. Dazu ist es wichtig, in am Markt verfügbare und ausgereifte Ausrüstung zu investieren, die zügig zu beschaffen sind. Statt nur Langfristprojekte mit ungewissem Ausgang ins Auge zu fassen.

Ausrüstung statt Aufrüstung ist die Leitlinie: Was wir nicht wollen, ist eine Rüstungsspirale in Gang zu setzen, die am Ende weniger Sicherheit bedeutet. Internationale Abrüstung, auch bei nuklearen Waffen, bleibt unser aller langfristiges Interesse.

Die Forderungen nach einem Ende der Gaslieferungen aus Russland sind angesichts der erschütternden Geschehnisse in der Ukraine verständlich. Und es muss unser Ziel sein, so schnell wie nur irgendwie möglich unabhängig vom russischen Gas zu werden. Dennoch sind die Energiepreise hierzulande bereits massiv gestiegen. Wir dürfen den Zusammenhalt im Land und unsere eigene wirtschaftliche Stärke nicht gefährden, wenn wir den Menschen aus und in der Ukraine nachhaltig unter die Arme greifen wollen.

Bereits gegenwärtig zehren die Energiepreise an Ihrer Substanz. Die Ampelkoalition lässt Sie nicht alleine. Nach ersten Zuschüssen und dem Streichen der EEG-Umlage, die bisher auf den Strompreis gezahlt wird, folgen weitere Entlastungen. Dazu gehören für die Beschäftigten bei der Einkommensteuer 300 Euro Energiepauschale, ein Familienbonus von 100 Euro pro Kind wie auch Zuschüsse für Menschen, die Sozialleistungen beziehen. Hinzu kommen ein für 90 Tage verfügbares Ticket für 9 Euro pro Monat und eine Steuerabsenkung bei Kraftstoffen.

Was im Bund funktioniert, ist auch besser für Schleswig-Holstein. Deshalb: Am 8. Mai beide Stimmen für die SPD.

Herzliche Grüße Ihr Ralf Stegner